Modulare Synthese (WWW-Workshop)


STEP 1

Der Oszillator

Ein Oszillator ist eigentlich nichts anderes als eine Einheit, die einen Ton oder Klang mit einer bestimmten Frequenz von sich gibt.
Oder anders ausgedrückt : ein Oszillator wiederholt einen ganz bestimmten Spannungsverlauf immer wieder, wobei der Spannungsverlauf jedesmal gleich ist und nach einer festgelegten Zeit von vorne gestartet wird.
Die Kurve dieses Spannungsverlaufes im Laufe der Zeit legt die Klangfarbe fest, die der Oszillator von sich gibt.
Jeder Klang, den man so hören kann, ist aus verschiedenen Frequenzen aufgebaut. Diese verschiedenen Frequenzen bestehen alle aus Sinustönen, in der Regel unendlich viele mit verschiedenen Amplituden. Damit der Klang auch "klingt", müssen die verschiedenen Sinustöne ein bestimmtes Frequenzverhältniss zueinander haben. Man könnte also theoretisch jeden Klang aus einer Fülle von Sinustönen zusammensetzen, also addieren. Das wird tatsächlich bei einigen Klangerzeugern gemacht, das Verfahren nennt sich Additive Synthese.
Zurück zum Klang : es existiert da zunächst die Grundfrequenz, im englischen Sprachgebrauch "fundamental".
Dieser Grundfrequenzif sind sogenannte Obertöne zugefügt, die die Klangfarbe festlegen. Es gibt nur einen einzigen "Klang", der nur aus der Grundfrequenz besteht : der Sinus-Ton. Und man nennt diesen "Klang" dann eben auch einfach nur "Ton".

Hier nun einige grundsätzliche Klangfarben bzw. Töne :

Sinuston

Wie schon gesagt : der Sinuston enthält nur die Grundwelle, also eine einzige Frequenz.



Sinus.mp3

Sägezahn

Der Sägezahnton enthält ein reiches Spektrum an Obertönen, er klingt etwas schneidend, vielleicht ein wenig nach Geige oder so ähnlich (Genau genommen enthält der Sägezahn alle Obertöne, welche in ihrer Amplitude um 6dB/Oktave abfallen).



Saw.mp3



Rechteckwelle

Die Rechteckwelle klingt nicht ganz so schneidend wie der Sägezahn, das liegt daran, daß die Rechteckwelle nicht so viele Obertöne aufweist . Manche vergleichen den Klang einer Rechteckwelle mit dem einer Oboe, aber auch das ist nur eine vage Ähnlichkeit.
Übrigens : Je nachdem, wie das zeitliche Verhältniss zwischen "Oben" und "Unten" beei der Rechteckwelle ausfällt, klingt der Rechteck mal dünner (oder schärfer), mal etwas voller (Es gibt nämlich hier, zumindest bei der symmetrischen Rechteckwelle mit gleichem "unten"-"oben"-Verhältniss nur ungeradzahlige Obertöne, die geradzahligen fehlen also. Je unsymmetrischer der Rechteck wird, desto mehr geradzahlige Obertöne mischen sich hinzu).



Square.mp3

Wie in der Abbildung zu sehen, kann das Verhältniss zwischen dem positiven Anteil der Rechteckwelle und dem negativen- oder 0-Anteil eingestellt werden.



Dieses Beispiel ist eine Rechteckwelle, in der das Verhältniss von 0,5 zu 0 langsam verändert wird, dabei wird der Drehregler für die sogenannte Pulswellenweite langsam von 50% auf 0% heruntergeregelt. Und wie es sich dabei für einen modularen Synthesizer gehört, kann dieser Parameter natürlich auch von einer Steuerspannung eingestellt werden (0V = 0:1, 2,5V = 1:1, 5V = 1:0).

Nehmen wir doch jetzt mal einen Rechteckgenerator mit einer Frequenz, die von einem MIDI-CV-Wandler angesteuert wird (MIDI-CV bedeutet, daß ein Tastendruck von einem MIDI-Keyboard in Spannungssignale umgewandelt wird, die exakt den Spezifikationen der analogen Synthesizer entsprechen, also pro Oktave genau 1 V Spannungsänderung). Der Zweite Oszillator erzeugt eine Rechteckwelle mit einer festen Frequenz, deren Pulsweite durch den ersten Oszillator gesteuert wird. Beide Oszillatoren arbeiten natürlich im höhrbaren Bereich (AUDIO)



Das klingt interessant !
(Zusätzlich wird hier noch die Lautstärke des zweiten Oszilators mit einem Hüllkurvengenerator und einem VCA moduliert, aber dazu später mehr!!)
Übrigens, so klingt es, wenn
der Oszillator 2 die Frequenz verändert und Oszilator 2 eine feste Frequenz behält. Das klingt ganz anders! .








Dreieckwelle

Dreieckwellen klingen sanft, aber nicht ganz so butterweich wie der Sinus. Der Klang ist am ehesten vergleichbar mit einer Flöte oder einer Orgel. Die Dreieckswelle beinhaltet wenige ungeradzahlige Obertöne.

Tri.mp3


Rauschen

Nun, eine ganz besondere "Klangfarbe" wird vom Rauschen erzeugt : Weisses Rauschen (White Noise) : es enthällt alles, was man sich an Frequenzen vorstellen kann. Natürlich gibt es keinen Grundton, und alle "Obertöne" (eigentlich sind es gar keine, denn es gibt ja auch keinen Grundton) haben die gleiche Lautstärke pro Frequenzabschnitt. Rosa Rauschen (Pink Noise), dagegen hat eine frequenzabhängige Amplitude. Je größer die Frequenz, desto kleiner die Amplitude oder Lautstärke. Das verstärkt den Eindruck in den niedrigfrequente Bereichen, rosa rauschen klingt also dumpfer.





Spannungskontrolle

Die bisher gehörten Audio-Beispiele hatten fast alle die gleiche Grundfrequenz (pitch), jedenfalls bis auf die 2 Beipiele mit der Pulsweite. Wie kann man nun die Frequenz musikalisch sinnvoll verändern ? Nun, das war eine der Schlüsselideen der Konstrukteure der ersten analogen Synthesizer. Moog und Buchla waren wohl die bekanntesten Ingenieure, die sich der Spannungssteuerung bedienten. Das heißt : jeder Parameter (im Idealfall) den man bei einem Synthesizer mit einem Drehregler verändern kann, sollte auch mit einer sogenannten Steuerspannung veränderbar sein.
Im Falle des Oszillators bedeutet das : die Tonhöhe, also Frequenz des Oszillators wird mit einer Spannung verändert. Beispielsweise bedeutet 1 Volt : 220 Hz und 2 Volt 440 Hz, 3 Volt würden den Oszillator mit 880 Hz schwingen lassen, und so weiter.
Man nennt dann einen solchen Oszillator spannungsgesteuert (voltage controlled oscillator = VCO).
Seit Moog wird ein Oszillator üblicherweise so konstruiert, daß pro Volt eine Oktave Tonhöhenänderung resultiert, wie oben schon angedeutet. Dieses Verhalten (V/Oct-Charakteristik) entspricht zum einen dem physiologischen Hörverhalten, der Mensch empfindet jede Frequenzverdoppelung als Oktave, jede Oktave ist in 12 Halbtöne unterteilt.
Das hat noch einen anderen Vorteil : stimmt man 2 Oszillatoren mit einer Oktave Abstand, und steuert diese beiden Oszillatoren gleichzeitig über eine V/Oct-Tastatur an, so wird jede gespielte Note die 2 Oszillatoren mit einer Oktave Abstand schwingen lassen. Das funktioniert nur, wenn die Kennlinie zwischen Steuerspannung und Oszillatorfrequenz exponentiell verläuft. Bei einer linearen Charakteristik (V/Hz) würden die Oszillatoren bei jeder Steuerspannung (bis auf eine) nicht eine Oktave Abstand haben, sondern irgendwo daneben (Je nach Frequenz). Falls man nicht gerade heftigst an Avantgarde-Musik interessiert ist, ist das musikalisch nicht so sinnvoll.
Im folgenden Beispiel wird ein MIDI to CV Wandler eingesetzt, um einen Oszillator mit einer Sequenz anzusteuern. MIDI to CV Wandler verwandeln eine gespielte Note in 2 Signale um, das erste ist der Steuerspannungsausgang, der in einer V/Oct-Charakteristik den CV-Eingang des Oszillators steuert, der zweite Ausgang wird hier noch nicht benutzt, ist jedoch genauso wichtig (GATE) : wenn die Taste gedrückt wird, springt GATE von 0 auf 5 V, läßt man die Taste los, springt die Spannung schlagartig auf 0 V zurück. GATE verschlüsselt also den Tastendruck selber. vcoseq.mp3
Nur so ganz nebenbei, und wir wollen das später auch noch genauer betrachten, kann man natürlich diese Steuerspannung, die vom MIDI to CV Wandler kommt, auch noch modifzieren. So wird zum Beispiel aus der eben gehörten Steuerspannungskurve

diese hier :

und das klingt dann so : vcoseqslide.mp3 .


Frequenzmodulation (FM)

Nehmen wir nun eine Sägezahn-Oszillator und steuern die Frequenz desselben über eine langsam schwingende Dreieckwelle. Niedrigfrequente Modulation ,
Wenn die Frequenz des Modulators ewas ansteigt klingt das so ,
und noch etwas schneller dann so.
Zuletzt ein Beispiel, in dem die Frequenz des modulierenden im Audiobereich liegt , also bei etwa 110 Hz.
In allen 4 Beispielen wurde ein Niedrigfrequenzoszillator (Low Frequency Oscillator, LFO) benutzt, um die Frequenz eines Sägezahn-VCO's anzusteuern.




Ein weiteres Beispiel besteht aus einer Dreieckwelle, die mit einer weiteren Dreieckwelle Frequenzmoduliert wird. Hier der Vergleich zur reinen Dreieckwelle !



Dieses kleine Beispiel demonstriert die Möglichkeiten der Frequenzmodulation in der Synthesizertechnik. (Yamaha's DX7 ist ein Ergebniss dieser Technologie, mit 6 (!) Oszillatoren, die über verschiedene Algorithmen miteinander verknüpft werden können.

Das nächste Beispiel arbeitet mit 3 Modulen : ein Dreieck-VCO wird von einem niedrigfrequenten Oszillator frequenzmoduliert,das Ausgangssignal moduliert einen weiteren Dreieck-VCO.



lfotrifm.mp3

Ein weiteres kleines Beispiel : nehmen wir mal einen Oszillator mit fester Frequenz, dieser wird von einem weiteren Oszillator frequenzmoduliert, welcher über MIDI-CV mit einer Sequenz angesteuert wird. Klingt interessant !




Nun wird der FM-modulierte Oszillator gleichzeitig MIDI-CV gesteuert,der Modulator-Oszilator schwingt mit fester Frequenz. Das klingt dann so.





Mehr als ein Oszillator

Bisher haben wir immer einen Oszillator benutzt. Läßt man 2 oder mehr gleichzeitig schwingen, klingt das viel breiter und satter, vor allem, wenn beide Oszillatoren minimal gegeneinader verstimmt sind. Es ensteht dann ein langsames pulsieren, das auch als "Schwebung" bezeichnet wird.



2vcosawschweb.mp3

Hier ein Beispiel für 2 Oszillatoren, die perfekt zueinander abgestimmt sind, der eine Oszillator ist eine Oktave tiefer als der andere Oszillator. 2vcosawperf.mp3Diese Einstellung enthält weit weniger "Leben" !

Man kann auch einen Oszillator mit einer festen Frequenz betreiben, und wählt die Sequenz des zweiten Oszillators so, daß sie zum ersten paßt.



2vcoseq.mp3



Synchronisation

Synchronisation bedeuet hier, daß ein sogenannter Slave-Oszillator immer dann zurückgesetzt (reset) wird, wenn ein MASTER-Oszillator seine Wellenform ganz durchlaufen hat.
Das heißt, beide Oszillatoren, die normalerweise unabhängig voneinander betrieben werden, erfahren eine zeitliche Koppelung zueinander.



Der Slave VCO beginnt also seinen Zyklus jedesmal von vorne, sobald der MASTER seinen Zyklus startet. Das bedeutet natürlich auch, daß, sofern der Master eine höhere Frequenz hat, als der Slave, keine besonderen Veränderungen hörbar sind : Das Ausgangssignal des Slave-Oszillators entspricht im Beispiel oben einem normalen Sägezahnton.
Sobald aber der Master eine niedrigere Frequenz als der Slave hat, entstehen interessante Klangfarben : sync.mp3
Im nächsten Beispiel wird der Master Oszillator auf eine feste Frequenz gestellt, der Slave-Oszillator wird mit MIDI-CV angesteuert.



syncseq.mp3


Ebenfalls möglich ist natürlich das Ansteuern des Masteroszillators durch eine MIDI-CV-Sequenz, und eine (das bringt Leben hinein) Ansteuerung der Slave-VCO-Frequenz mit einem LFO, der mit etwa 0,5 Hz schwingt. Der Slaveoszillator gibt übrigens ein Rechtecksignal von sich.



syncseq2.mp3


So. Zum Schluß des Kapitels über Oszillatoren und Klanggeneratoren noch ein Beispiel, das Sync benutzt, die Einstellung ist fast die gleiche, wie beim vorhergehenden Beispiel. Hier kommen aber noch 3 Module hinzu, die einen Vorgeschmack auf die nächsten Kapitel geben sollen : spannungsgesteuerter Verstärker (VCA), spannungsgesteuerter Filter (VCF) und Hüllkurvengenerator (ADSR). Das Ganze wird durch etwas Hall abgerundet.